Nachrichten

Nachrichten

6. Juli 2016

Datenjournalismus erobert die Redaktionen

EIQ-Online-Befragung: Wirtschaft, Finanzen, Sport die häufigsten Themen

Leipzig. Die Panama Papers waren das jüngste und bislang spektakulärste Ergebnis von investigativem Datenjournalismus. Nun erobert Big Data als Quelle für spannende und interessante Storys immer mehr Medien im deutschsprachigen Raum. In einer Online-Befragung von Redaktionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz durch das Europäische Institut für Qualitätsjournalismus EIQ gaben zweidrittel der Befragten an, inzwischen schon mindestens einmal einen Bericht auf der Basis von Datenjournalismus veröffentlicht zu haben. Diese Recherchemethode, die hoch spezialisierte IT-Kenntnisse mit journalistischem Spürsinn verbindet, kam erst vor etwa acht Jahren in Dänemark und in den angelsächsischen Ländern auf und war in deutschsprachigen Redaktionen bis vor fünf Jahren noch weitgehend unbekannt. Immerhin ein Drittel der jetzt (2015/2016) Befragten gestanden ein, mit Datenjournalismus bisher überhaupt noch nicht gearbeitet zu haben.

EIQ-Direktor Prof. Wolfgang Kenntemich: „Datenjournalismus ist die Königsklasse des investigativen Journalismus und erfordert ein Höchstmaß an journalistischer Qualität und Verantwortung. Hier müssen die Medienhäuser deshalb ganz besonders in herausragende Aus- und Weiterbildung der Redakteure investieren.“ Als Themengebiete, die sich am besten eignen, nennen die Redaktionen vor allem Wirtschaft und Finanzen, aber auch Sport, Politik, Wissenschaft und – eher weniger – Lokales. Als besonders geeigneter Verbreitungsweg wird vorwiegend das Internet genannt, weil es alle Möglichkeiten der grafischen und interaktiven Aufbereitung und Darstellung ermöglicht.

Da der Datenjournalismus als besonders sensibel gilt und sich bei falscher Methodik oder Interpretation schnell angreifbar machen kann, recherchieren und produzieren die meisten (dreiviertel) der befragten Redaktionen „inhäusig“ mit eigenem Personal. Auf Freelancer greift nur ein Viertel zurück. Für ihre Recherchen benötigen Datenjournalisten in der Regel sehr viel Zeit. Bei den Panama Papers war es laut federführender „Süddeutscher Zeitung“ ein ganzes Jahr. Bei den befragten Redaktionen sind es jeweils zu 50 Prozent „mehrere Tage“ beziehungsweise „mehrere Wochen“. Für Schnellschüsse sei der Datenjournalismus also definitiv nicht geeignet, so Kenntemich. Der EIQ-Direktor weiter: „Aber nicht nur die Panama Papers haben gezeigt, dass sich die Investition in diese Form des Qualitätsjournalismus für die Medienmarken mehr als auszahlt.“

Für die Online-Befragung wurden Ende 2015/Anfang 2016 über einhundert Redaktionen (Print, TV und Online) in Deutschland, Österreich und der Schweiz angeschrieben. Davon haben 31 Redaktionen den Fragebogen vollständig und korrekt ausgefüllt. Die Antworten kamen von 15 ChefredakteurInnen, zwei CvDs, neun RedaktionsleiterInnen, zwei RedakteurInnen, zwei ReporterInnen und einer Moderatorin. Vertreten waren dabei zehn Print-Medien, fünf TV-Anstalten, fünf reine Online-Redaktionen und elf mehrmedial aufgestellte Medien. Die Erscheinungsweise der Medien ist überwiegend täglich (16). Acht Redaktionen geben an, die Inhalte laufend zu aktualisieren. Drei mehrmediale Redaktionen machten keine Angabe zur Erscheinungsweise.