Nachrichten

Nachrichten

11. Februar 2016

Constructive News – Eine Scheindiskussion

Mit seinem Buch „Constructive News“ hat der Chefredakteurskollege vom staatlichen dänischen Radio, Ulrik Haagerup, letztes Jahr einen beachtlichen Auflagenscoup auch in Deutschland gelandet. Das sei ihm gegönnt. Das von ihm propagierte Leitmotiv für konstruktiven Journalismus haben sich sogleich TV-Sender in Schweden und Finnland, aber auch die gute alte BBC zu Eigen gemacht. Auf der Positiv-Welle reiten zudem Angebote wie die „Mutmacherei“ der Ex-Greenpeace-Aktivistin Ira Mollay in Österreich oder die Internet-Hervorbringung „Zeitpunkt“ in der Schweiz – Slogan: Für intelligente Optimisten und konstruktive Skeptiker.

In Deutschland gesellt sich das „Forum nachhaltig wirtschaften“ aus dem Öko-Verlag ALTOP hinzu. Auch der Mediendienst kress feiert Haagerup online und offline gewaltig. Kein Wunder, wird doch die deutschsprachige Ausgabe der Optimisten-Bibel von ebendiesem Verlag Oberauer aus Österreich herausgebracht. Kress kolportierte auch flugs werbewirksam eine Forsa-Umfrage für RTL, bei der 45 Prozent der Befragten TV-Nachrichten zu negativ fanden und sich 80 Prozent wünschten, dass uns nicht nur die Probleme dieser Welt, sondern bitte auch Lösungen aufgezeigt werden sollten.

Nun können einem in der Tat vor allem die Fernsehnachrichten so manchen Abend verdüstern: Blut und Tote beim Zugunglück in Bayern, Kriegsgreuel in Syrien, ertrunkene Flüchtlinge im Mittelmeer, Spaltpilz in der EU, Koalitionskrach in Berlin – die Liste ließe sich beliebig verlängern. Und häufig bietet selbst das Wetter keine Lichtblicke. Haagerup und (vor allem) seine Jünger wittern dahinter System. Nach dem Motto „Only bad News are good News“ blendeten düstere Journalisten-Heerscharen das Gute in der Welt aus, um den Voyeurismus in uns zu bedienen und damit Quote und Auflage zu schinden. Jüngst las ich gar die These, mit den Schreckennachrichten ließen sich umso besser positive Werbebilder als „Rettung“ verkaufen.

Einmal abgesehen davon, dass skandinavische Sender berichten, mit ihren „constructive News“ hätten sie ihre Reichweite und damit auch die Werbeeinnahmen steigern können, stimmt die Ausgangsthese einfach nicht und diskreditiert reihenweise gut und professionell gemachten Qualitätsjournalismus. Aufgabe professioneller Medien ist es, die Welt so darzustellen wie sie ist, fair und faktenorientiert. Dazu gehört, komplizierte Zusammenhänge zu erklären und einzuordnen. Wer das seriös tut, kommt nicht umhin, über Gut und Böse gleichermaßen zu berichten, und damit auch über Lösungsansätze und positive Beispiele aus dem ganzen Spektrum der Gesellschaft. Wo es Tendenzen zur Boulevardisierung und Skandalisierung gibt, gilt es, diese massiv zu bekämpfen.

Mit „konstruktivem Journalismus“ – was für eine irreführende und belastende Begrifflichkeit – schütten wir gleichsam das Kind mit dem Bade aus. Sollen wir etwa nur die Bilder der tausenden aufopferungsvollen freiwilligen Flüchtlingshelfer, nicht aber die über die kriegerischen Ursachen dieser Entwicklung und das Versagen der Politik zeigen? Dann hätten wir unseren Job nicht richtig gemacht. Wir können uns die Welt nicht schöner senden oder drucken. Nur wenn wir zeigen, wie sie ist, voller Schönheit und Zuversicht, aber auch mit all ihren schrecklichen Auswüchsen, können Medien vielleicht einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen aus Fehlern lernen und damit die Welt etwas besser wird. Die Scheindebatte über gute und böse Medien führt dabei nicht weiter.