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27. Juli 2013

Kenntemich Medien Kolumne

War das ein Paukenschlag! Der Axel Springer Verlag entledigt sich serienweise traditionsreicher Print-Titel (Hör zu, Hamburger Abendblatt), verabschiedet sich brutal-konsequent in die digitale Medienwelt. Nur Bild und Welt bleiben – als geeignete, weil national bedeutsame, Content-Lieferanten für die hypermoderne App-Welt. Silicon Valley lässt grüßen…

Ganz schön mutig von Verlagschef und Zeitungsverkäufer Mathias Döpfner. Oder etwa hasardös, ein Schlag ins Gesicht des Journalismus, wie manche Grabredner mutmaßten? Auf jeden Fall konsequent! Wer seinen Chef-Journalisten Kai Diekmann für ein Jahr in die kalifornische Wüste schickt, hat zumindest eine Strategie. Döpfner will seinen Verlag zum digitalen Medienhaus umbauen. Ähnliches hatte bereits vor mehr als einem Jahrzehnt Hubert Burda im Sinn, als er sich, beraten von Philip Welte, auf die Daten-Autobahn begab. Und auch das jüngste Erdbeben beim Spiegel mit der Berufung des neuen Chefredakteurs Wolfgang Büchner ist nichts anderes als der Versuch, auf die Überlebensfrage vieler Verlage eine Antwort zu geben: Wieviel Print kann ich mir noch leisten, um auf Dauer guten Journalismus zu finanzieren?

Alles Wehklagen wird nichts nützen: Der Medienmarkt in Deutschland – übrigens immer noch einer der vielfältigsten und profitabelsten in ganz Europa – muss sich neu sortieren. Wer seine Kunden (Zuschauer, Hörer, Leser, Nutzer), zumal die jüngeren, zuverlässig erreichen will, muss auf Smartphones und Tablets präsent sein. Mit neuen medialen Qualitäts-Produkten, die die digitale Welt möglich macht. Mit altehrwürdigen Redaktionsstrukturen wird das nicht gehen. Und auch das immer noch bei Journalisten verbreitete Bevormundungs-Gen ist dabei wenig hilfreich.

Döpfner begründet seinen Kahlschlag ausdrücklich damit, dass er den Qualitätsjournalismus retten will, indem er ihm neue Verbreitungswege und neue Geschäftsfelder öffnet. Ob die radikale Neuausrichtung bei Springer dafür der richtige Weg ist, muss sich noch erweisen. Der Zeit-Verlag mit Dr. Rainer Esser beweist gerade, dass auch Print erfolgreich Qualität generieren und dennoch profitabel sein kann. Und wer weiß, ob sich die Zukunft der journalistischen Qualität nicht viel besser in Regional- und Lokalzeitungen manifestieren lässt, von denen sich Springer gerade verabschiedet hat.

Aus den USA strahlt ein Hoffnungsschimmer zu uns herüber, dass Jobs für hervorragenden Journalismus auch in der digitalen Welt nicht aussterben werden: Laurence Powell Jobs, Witwe des Apple-Gründers Steve Jobs, investierte gerade in eine Medien-Startup namens „Ozy Media“. Die Internet-Plattform des ehemaligen TV-Journalisten Carlos Watson will mit Qualitätsjournalismus punkten, indem nur einige wenige, exzellent recherchierte und geschriebene Artikel pro Tag veröffentlicht werden sollen. Manchmal ist weniger durchaus mehr!